Lust zu gärtnern?
Das Umweltamt verteilt kostenlos Saatgut
Liebe Hobbygärtner*innen, bald ist es wieder soweit. Das Frühjahr kommt, und der Garten oder Balkon werden auf die neue Saison vorbereitet. Das Umweltamt, das Amt für Angelegenheiten des Oberbürgermeisters und des Rates der Stadt Dortmund, die zivilgesellschaftliche Initiative OpenSourceSeeds, der Dortmunder Ernährungsrat (in Gründung), sowie das Klimabündnis Dortmund stellen ihr erstes Vorhaben im Rahmen des neuen kommunalen Handlungsprogramms „Klima-Luft 2030“ aus dem Handlungsfeld „Landwirtschaft und Ernährung“ vor. Ein Teilaspekt dieses Programms ist die Etablierung der „Open-Source-Saatgut-Stadt-Dortmund“.
Im Zuge dessen verteilt das Umweltamt das „Open-Source-Saatgut“ der Tomatensorte Sunviva an interessierte Bürger*innen kostenlos. Was ist “Open Source”? Die Tomatensamen sind lizenzfrei, und nicht im privaten Besitz. Sie sind damit Allgemeingut, und gehören allen.
Jörg Lüling startet die Vermehrung
Und hier kommt ein Gärtner aus dem Dortmunder Norden ins Spiel: Jörg Lüling. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Saatgut zu vermehren. Auf einem extra gepachteten Grabeland in der Nähe der Osterlandwehr begann er mit der Vermehrung. Er pflanzte auf dieser Fläche die Tomate zur Saatgutgewinnung an.
Dies war der Anfang des „Open-Source-Saatguts“ Sunviva in Dortmund und ein erster Schritt zur Etablierung der „Open-Source-Saatgut-Stadt-Dortmund“.
In Zusammenarbeit mit der Solidarischen Landwirtschaft „ Kümper Heide“, die die Aussaat, Pflege, Ernte und Trocknung des Saatguts übernommen hat, konnte inzwischen kiloweise Saatgut gewonnen werden, das über das Umweltamt an die Dortmunder*innen weitergegeben wird.
Unter anderem wurde das Saatgut der Shanti Leprahilfe Dortmund e.V. zur Verfügung gestellt, die nun über ein kostenloses Saatgut verfügt, das beliebig vermehrt werden kann und somit nicht jedes Jahr Saatgut für viel Geld kaufen muss.
Realschüler pflanzen Tomaten
In Kooperation mit der Johann-Gutenberg-Realschule entstand ein weiteres Projekt. Die Schüler*innen bauten die Tomate ebenfalls an, um das Saatgut zu vermehren und weiterzugeben. Über ihren Blog kann man sich über die Fortschritte informieren.
Der Hintergrund dieser Aktion ist dem Klimawandel geschuldet, denn durch ihn müssen wir unser Saatgut auf die kommenden Veränderungen anpassen. Klimawandel erfordert auch Vielfalt im Saatgut. Nicht nur die Vielfalt ist wichtig Saatgut muss auch bezahlbar sein.
Da die Saatgutfirmen ihre Hybrid-Züchtungen immer stärker vereinheitlichen, geht die Pflanzenvielfalt stetig zurück. Durch die aktuelle Entwicklung auf dem Saatgutmarkt ist nicht nur die ökologische Vielfalt, sondern auch unsere Ernährung gefährdet.
Die Nachteile der Lizenz-Samen
Hybride bringen zwar in der ersten Generation überdurchschnittliche Erträge, aber die folgenden Generationen verlieren ihre Einheitlichkeit und sind deswegen für die Landwirt*innen schlecht zu händeln. Manche sind sogar steril und lassen sich nicht fortpflanzen. Zudem dürfen Landwirt*innen das selbst geerntete Saatgut mitunter aufgrund von Lizenzbestimmungen nicht verwenden. Auf diese Weise entsteht neben der ökologischen Verringerung auch eine Abhängigkeit der Landwirt*innen von Saatgutproduzent*innen, denn das Saatgut muss jedes Jahr neu gekauft werden.
Die Alternative zu Hybridsaatgut ist samenfestes Open-Source-Saatgut, das nachbaufähig, also fruchtbar ist, und in den nächsten Generationen Pflanzen mit den gleichen Eigenschaften hervorbringt. Die Besonderheit ist, dass Landwirt*innen das Saatgut vermehren und für regionale Bedürfnisse weiterentwickeln dürfen, ohne Lizenzgebühren dafür zu entrichten.
Ein weiteren Vorteil bei Open-Source-Saatgut können regionale Unterschiede und klimatische Veränderungen bei der Züchtung und beim Anbau dauerhaft berücksichtigt werden.
Die Opensource-Samen darf jeder verwenden
Die in Dortmund auf dem Acker der Solidarischen Landwirtschaft Kümper Heide gesäte Tomatenpflanze „Sunviva“ ist samenfest. Sie ist aber nicht nur aufgrund ihrer Samenfestigkeit, sondern auch wegen ihrer rechtlichen Eigenschaften ein wesentlicher Baustein für die Klimafolgenanpassung. Denn nach ihrer Züchtung wurde die Tomatensorte unter eine Open-Source-Saatgutlizenz gestellt. Anders als bei herkömmlichen Rechten an Saatgut erlaubt diese Art der Lizenz, die Samen frei und kostenlos zu verwenden. Auf diese Weise wird die Verwendung des Saatguts für die Allgemeinheit gesichert. Dabei bleibt es auch in Zukunft frei von Lizenzkosten.
Als Partnerin für den Anbau der Open-Source-Tomate „Sunviva“ hat sich die Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) Kümper Heide in Dortmund angeboten. Die Grundidee jeder SoLaWi ist, dass sich Landwirt*innen mit Verbraucher*innen von Anfang an in einer Gemeinschaft zusammentun. So verpflichten die Mitglieder sich im Vorfeld zur Abnahme des Gemüses und finanzieren alles, was für den Anbau notwendig ist, vor. Die Ernte steht allen gleichermaßen zur Verfügung. Somit werden Risiko und Ernte geteilt. Außerdem können alle Mitglieder der Gemeinschaft auf dem Acker mitarbeiten, sich in Arbeitsgruppen und demokratisch in ein Plenum einbringen. Ernährung wird als gemeinschaftliche Aufgabe wahrgenommen.
OpenSourceSeeds
Entscheidend für die erfolgreiche Arbeit des Umweltamtes war die Bereitstellung einer Open-Source-Saatgut-Lizenz. Diese wurde 2017 durch „OpenSourceSeeds – AGRECOL“ (https://www.opensourceseeds.org) zur freien Verfügung veröffentlicht.
Robust und gegen Krautfäule resistent
Nun noch etwas über die Tomate selbst. Diese Tomate ist sehr robust und bestens an die lokalen Bedingungen angepasst, vor allem gegenüber der Kraut- und Braunfäule zeigt sie sich sehr resistent und kann ohne Schutz im Hausgarten, auf dem Balkon und auf freien Flächen ausgebracht werden.
Es ist eine sehr aromatische, süß-saftige Cocktailtomate. Die leuchtend gelben Früchte hängen in schönen kurzen Trauben und werden Tischtennisball groß.
Sie reift am besten auf einem tiefgründigen humosen Boden und einem luftigen und sonnigen Standort. Gezogen werden sollte Sunviva als Stabtomate ein- bis mehrtriebig. Die Kultur im Topf oder Kübel auf Terrasse und Balkon ist möglich. Aussaat: Ab Mitte Februar. Mit den ersten Blüten kann sie nach dem letzten Frost nach draußen gesetzt werden. Pflanzung: im Beet oder im Eimer mit mindestens acht Litern Fassungsvermögen.
Dann steht der kommenden gemeinsamen Pflanzsaison nichts mehr entgegen! Also Saatgut bestellen, anziehen, beim wachsen zuschauen, ernten und genießen.
Download Pflanzanleitung: https://www.dortmund.de/media/bilder/_einmalig/archiv_einmalig/2021_5/01_2021/Pflanzanleitung_-_Tomaten_selbst_zu_ziehen_ist_gar_nicht_schwer.pdf
Saatgut:
Herr Christian Nähle
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www.umweltamt.dortmund.de
Bildrechte: Culinaris - Saatgut für Lebensmittel
Bericht: Carsten Hansen