Leserbrief von Wiebke Claussen

Zum Artikel: Nordstadt 2015. In: Cityanzeiger 22.8.2015, WR, echt Nordstadt

Beim Beteiligungszirkus Nordstadtforum blieben Profis weitgehend unter sich und schotteten sich durch Security ab.

Das Nordstadtforum Nordwärts am 19.8. war das letzte in einer Runde von gut 30 Veranstaltungen des Stadtentwicklungsvorhabens „Nordwärts“ in den Stadtbezirken. Bürgerbeteiligung wird dabei sehr groß geschrieben, verkommt aber zur Politik-PR.

Ins Dietrich Keuning Haus waren am 19.8. Bewohner eingeladen worden, um ihre eigenen Vorschläge und Ideen zur Zukunft der Nordstadt an Dialogtischen einzubringen. Das Teilnahmeinteresse überstieg offensichtlich weit die geplante Teilnehmerzahl. Die Anmeldeliste des Onlineverfahrens wurde kurz nach Versendung der Einladung geschlossen. Leute, die sich trotzdem zum Forum eingefunden hatten, wurden auf einige frei werden Nachrückerplätze verwiesen und mussten erst einmal in der Ecke warten. Etliche Leute zogen unverrichteter Dinge ab. Und die Mitglieder der „Bürgerinitiative zur Aufklärung des PCB Skandals in Dortmund“, die zur selben Zeit turnusgemäß einen Raum im Dietrich Keuning Haus angemietet hatte, wurde wieder nach Hause geschickt mit der Erklärung: geschlossene Veranstaltung der Stadt – im ganzen Haus.

Und schon bei der Ankunft hatte sich ein befremdlicher Eindruck eingestellt: ein Polizeiwagen, etliche private Security-Leute, die sich am Rande aufhielten, und eine Hundestaffel. Wogegen sollten die Security-Präsenz-Kräfte sichern?

Bereits im Eingangsbereich wurde klar, dass sich die Teilnehmerschaft des Nordwärts Forum fast zu 100% aus Leuten aus Verwaltung, Politik, sozialen Trägern, Projektträgern zusammensetzte. Die Profis blieben also weitgehend unter sich, vermakelten ihre üblichen Projektideen (und kupferten voneinander ab), schmiedeten Koalitionen und nutzten das Forum, um nichts weiter als ihre Arbeit zu tun. „Normale Bürger“ waren am 19.8. eine Randerscheinung, bedingt auch durch das Anmeldeverfahren und die viel zu gering bemessene Teilnehmerzahl. Solch ein Veranstaltungssetting ist in einem Stadtteil mit einer Wahlbeteiligung von 25% skandalös. Das hat mit Begegnung und Verständigung, Dialog, demokratischer Teilhabe und Gebrauchswerten nichts zu tun. Das ist nicht einmal Akzeptanzbeteiligung.

Der Ganze wird dann als innovativer, breit angelegter Beteiligungs- und Dialogprozess und Konsensergebnis verkauft: nach außen, um Punkte für künftige Förderanträge zu sammeln und sich als Bürgerbeteiligungsstadt zu profilieren -  nach innen, um eine Koalition der Macher zu schmieden und künftige Kritik abzuwehren.

Inhaltlich bewegten sich die gesammelten Ideen zwischen selektive Aufwertungsprojekten, um Teile der Nordstadt zum überregionalen Anziehungspunkt oder neuen Kreuzvierteln zu machen, dem S-O-S-Ruf nach Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit sowie dem Ausgleich der Lebensqualität zwischen dem nördlichen und südlichen Dortmund. Insgesamt ist das Vorhaben „Nordwärts“ bisher aber nichts weiter als eine Zusammenstellung weitgehend vorhandener Maßnahmen und ohne Ressourcenausstattung. Aber worum geht es beim Beteiligungszirkus eigentlich wirklich?

 

Wiebke Claussen
Unverhaustr. 5
44147 Dortmund
0231/829834
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