Freie Republik Borsigplatz
Ausstellung im Büro Borsig11, Borsigplatz 9, 44145 Dortmund
02.–30.03.2018, Mo–Mi, 14–18 Uhr (und nach Vereinbarung)
Es sind keine Separatisten, die am vergangenen Wochenende die Freie Republik Borsigplatz wiederbelebt haben, auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag.
Ganz im Gegenteil: In dem Projekt der Machbarschaft Borsig11, das seit 2015 existiert, geht es um Gemeinschaft. Das Staatsgebiet der Freien Republik Borsigplatz umfasst die Rasenfläche des Kreisverkehrs im Osten der Dortmunder Nordstadt. Der Grundgedanke überschreitet alle Grenzen.
An den Platanen rund um den Borsigplatz hängen 30 Schilder mit Symbolen und Begriffen, die für eine offene Gesellschaft der Zukunft wichtig sind. Der Maler Ralf Fiebag hat sie zusammen mit Bewohnern des Quartiers sowie mit Geflüchteten erarbeitet, die erst seit kurzer Zeit in Dortmund leben. In den Fenstern des Büros der Machbarschaft sind die Grundsätze der Verfassung der neuen Republik plakatiert. Dort heißt es zum Beispiel: „Die Freie Republik Borsigplatz ist das kleinste Land der Welt. Und sie ist eine große Idee: Dass wir es sind, die die Gesellschaft machen, und dass alle dazugehören.“ Oder: „In der Freien Republik Borsigplatz ist jeder ein Migrant. Die neue Welt gehört niemandem, und jeder ist hier zu Hause.“
Drinnen im Büro Borsig11 (Borsigplatz 9) ist eine Ausstellung der Fotografin Sabitha Saul zu sehen. Sie hat Menschen verschiedener Herkunft nach deren persönlichen Vorstellungen und der gesellschaftlichen Bedeutung von Freiheit gefragt. Die eindringlichen Portraits zeigen Nordstadt-Bewohner und neue Nachbarn mit Fluchtgeschichte. Dazu gibt es eine Zusammenstellung der Aussagen, die im Arbeitsprozess entstanden ist, und die nachdenklich stimmt. Die Einschätzung der Bedeutung von Freiheit hängt maßgeblich von der persönlichen Lebenssituation ab. Ein Zitat: „Freiheit bedeutet in Afrika etwas ganz anderes als in Europa.“ Die Unterschiedlichkeit der Stellungnahmen lässt Hoffnung, Verzweiflung und zugleich eine umfassende Ähnlichkeit erahnen: Wir alle wollen ein Leben führen, das den Anforderungen der Menschenwürde genügt. Wann und wo ist diese angebliche Unantastbarkeit gegeben?
Wer ist denn jetzt frei? Von welchen Privilegien hängt das ab? Und was kann man selber tun, um diesen Zustand für alle zu ermöglichen? Die Performance von Birgitt Schuster, die zur Eröffnung auf dem Borsigplatz stattfand, konnte zumindest einige Irritationen stiften. Wir alle sind gefesselt an das, was wir für selbstverständlich halten, und was wir uns jenseits dieser Begrenzungen wünschen. Wir müssen die Ketten sprengen, um neue Möglichkeiten zu entdecken und unser Verhalten zu verändern. Keine Angst vor Veränderung! Das Leben ist eine Reise. – Diese Weisheit wurde auch in dem Theaterstück mit Kindern und Jugendlichen aus dem Quartier deutlich, das unter der Leitung von Cynthia Scholz aufgeführt wurde.
Kindermund tut Wahrheit kund. Die Freie Republik Borsigplatz ist ein Aufbruch. Und WIR sind hier und jetzt – längst angekommen. Eigentlich ist alles ganz einfach.
Das Neue-Welt-Buffet im neuen Café im Concordia-Haus am Borsigplatz, das unter der Regie von Zhanna Yakhnis (Ukraine) Speisen aus verschiedenen Kulturkreisen zu einer vielfältigen kulinarischen Komposition vereinte, verkörperte den Geist der Freien Republik Borsigplatz ebenso wie die Nordstadt Session, die sich unter der Leitung von Sebastiao Sala (Angola) im Laufe des letzten Jahres als musikalischer Ausdruck der interkulturellen Gemeinschaft des Quartiers etabliert hat: „Wir sind Viele. Wir sind Eins.“ Wer solche Veranstaltungen besucht, wird mit einer Realität konfrontiert, die quer steht zu den Konflikten, die sonst in der Öffentlichkeit verhandelt werden. Sie zeigen eine Alternative auf, die es nur gibt, wenn man sich beteiligt, wenn man sich als aktiven Teil des Ganzen begreift.
Die Ausstellung „Freie Republik Borsigplatz“ ist noch bis zum 30.03.2018 zu sehen. Öffnungszeiten: Mo–Mi, 14–18 Uhr und nach Vereinbarung. Kontakt: Machbarschaft Borsig11 e.V., Telefon: 0231 / 80418150,
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Weitere Informationen: www.borsig11.de
Die Freie Republik Borsigplatz ist ein Projekt von Machbarschaft Borsig11 e.V. in Kooperation mit Train of Hope Dortmund e.V. / AK GO, Projekt Angekommen /Adam’s Corner, Marhaba 103, Stadtteil-Schule Dortmund e.V., VHS Dortmund, Tante Albert u.v.a., gefördert vom Fonds Soziokultur und realisiert mit den Chancen der Bewohner des Borsigplatz-Quartiers.