„Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“

Bericht vom Bürgerforum „Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“ am 21.06.2017

Ideen, Macher und Partner braucht es - und ganz viel Leidenschaft

Der Strukturwandel bleibt eine Herausforderung - und bildet zugleich eine Chance für die Dortmunder Stadtteile. Denn neben dem wirtschaftlichen Aspekt, sind auch vielerorts neue Nutzungen gefragt: Wie entsteht an alter Stelle Neues, welche Visionen braucht es? Und wer sind die einzelnen Menschen, die diese Orte (wieder-)beleben und gestalten?

Dieser Frage ging das nunmehr 17. Bürgerforum „Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“ am 21. Juni in der Auslandsgesellschaft NRW nach. Der Einladung des Planerladen e.V. und der Auslandsgesellschaft NRW waren Vertreter/innen von Initiativen aus fünf verschiedenen Stadtteilen als Podiumsteilnehmer gefolgt.

„Ich habe mich sehr auf dieses Thema gefreut“, bekundete Moderator Kay Bandermann in seiner Begrüßung, „denn es sind viele Orte dabei, die ich schon kenne und schätze.“ Zuerst bat er das Deusener Begegnungszentrum, vertreten durch Ulrich Küpper, auf das Podium. Seit 2005 kümmert sich der Verein um die evangelische Gustav-Adolf-Kirche, die von der Gemeinde aufgegeben worden war und leer stand. In einem langwierigen Umbauprozess mit vielen Ehrenamtlichen entstand so ein Unikat: Eine geweihte Kirche, die gleichzeitig ein Begegnungszentrum und ein Restaurant beherbergt. „Von unserem ursprünglichen Konzept musste einiges abgeändert werden“, gab Küpper zu, „aber es funktioniert.“ Ein feines Steakhaus ist als Pächter eingezogen, statt einem Café. Der Brandschutz verhinderte den eigentlich geplanten Turmausbau zu einer Übernachtungsmöglichkeit. Und der Veranstaltungsraum werde vor allem für Privatfeiern genutzt. „Für die finanzielle Situation ist das ein absoluter Glücksfall“, so Küpper. Aber man wolle sich doch auch inhaltlich weiter entwickeln. Das sei die große Herausforderung für die Zukunft.

„Und die Anfänge?“, fragte Bandermann. „Wir Deusener mussten uns schon immer selber helfen.“, so Küpper – bevor er die Geschichte der Deusener Siedler vortrug. Seit den Anfängen bestehe daher tatsächlich ein großer Zusammenhalt im Ort. Es brauche Zusammenhalt für solch ein Projekt. „Und natürlich gute Leute!“
Danach waren Yasemine Ait Ichou und Hans-Werner Uchner vom Scharnhorster Verein „Neuer LernOrt“ an der Reihe, ihr Projekt in und um den Greveler Malakovturm vorzustellen. Hierbei handelt es sich um eine pädagogische Einrichtung, die verhaltensauffälligen Kindern in Scharnhorst einen Ausgleich zum regulären Schulbetrieb bietet. Die Tiere, Pflanzen und vielfältigen Betätigungsmöglichkeiten erlaubten es den Kindern, zur Ruhe zu kommen. „Alleine schon das Spazieren gehen wirkt oft Wunder!“, so Ichou.

Die Geschichte vom neuen Leben im alten Malakovturm begann 2003, als ein Fortbildungsträger das Ensemble um die alte Zeche übernahm und sanierte – für den Turm selbst jedoch keine Verwendung fand. Da schlug der Verein zu und pachtete den Turm, der in Besitz der Stadt Dortmund übergegangen war. Anfangs hielt man sich mit Spenden und Stiftungsgelder über Wasser, mittlerweile sei man in der städtischen Regelförderung angekommen. „Wir haben immer wieder Besucher aus ganz Deutschland, die das tolle Projekt kennen lernen wollen. Und Nachahmer finden sich mittlerweile auch.“ Zum Beispiel gibt es bereits ganz in der Nähe bereits ein ähnliches Angebot für ältere Kinder und Jugendliche.

Bandermann schlug die naheliegende Brücke von der Pädagogik zur Bahn und bat Jens Petersmann von der Bahnhof Mooskamp gGmbH aufs Podium. Petersmann, eigentlich Jurist, hatte schon als junger Mann sein Faible für Straßenbahnen entdeckt. Als sich 2000 die Gelegenheit bot, eine alte Straßenbahn aus einer Schwerter Sammlung zu erwerben, begann die Suche nach einem Stellplatz, die mit der Übernahme des ehemaligen Hansa-Betriebshof in Huckarde endete. Mittlerweile ist dort ein Nahverkehrsmuseum mit Dutzenden (auch fahrbereiten) Exponaten zu Hause, angebunden an einige Kilometer Schienennetz und mit einem integrierten Beschäftigungsprojekt.

Die große Vision sei es, so Petersmann, irgendwann über den Hafen bis an den Hauptbahnhof fahren zu können, um die Besucher dort direkt abzuholen. „Solche Projekte braucht Praktiker, aber es braucht auch Partner und Erfahrung. Deshalb ist mir die Vernetzung besonders wichtig.“

Marek Kot vom Theater im Depot, der anschließend das Podium betrat, konnte dem nur beipflichten. „Wir wollen die Vierte Wand einreißen: Die zwischen uns als Kulturschaffende und dem Publikum.“ Als kleines Theater des Kulturzentrums im ehemaligen Straßenbahndepot in der Nordstadt sei Intimität ein Grundprinzip der Arbeit. Denn ganz entschieden gehe es ihm darum, den Nimbus von Kunst und Kultur aufzuheben. Die Nähe zur Nordstadt suche man dabei bewusst – wie etwa mit dem Projekt „Schau mich an!“ oder seinem Nachfolger „Sprich mich an!“ In solchen Projekten stehe die Begegnung im Mittelpunkt, zu der die Menschen an verschiedenen Orten in der Nordstadt eigeladen würden.

Den Abschluss machte Eberhard Hoffmann, Vorsitzender der Freunde und Förderer des Botanischen Gartens Rombergpark und erläuterte zunächst die wechselvolle Geschichte des herrschaftlichen Parks sowie des Botanischen Gartens, der ursprünglich im Klinikviertel lag. Die Gartenfreunde gebe es seit fast vierzig Jahren, so Hoffmann. Gegründet aus dem Bedürfnis, der damals drohenden Kürzung des Botanischen Gartens entgegen zu wirken. Mittlerweile habe der Verein 500 Mitglieder, genieße Ansehen und Anerkennung seitens der Stadt und der Besucher. Immerhin handle es sich um einen der größten Botanischen Gärten in Europa. Es sei ein Ort, an dem Jung und Alt sich erfreuen und auch bilden könnten. „Jeder Dortmunder war sicher schonmal da - aber was muss man Ihrer Meinung nach unbedingt gesehen haben?“, wollte Bandermann zum Ende wissen. Die Antwort fiel Hoffman sichtlich schwer: „Es ist so vieles! Aber ein absolutes Highlight ist die Kirschblüte im April. Das muss man gesehen haben!“

Viele Teilnehmer nutzten im Anschluss die Gelegenheit und diskutierten unter sich sowie mit den Podiumsgästen am Büffet weiter über die gewonnen Einblicke. „Diese große Leidenschaft, mit der diese Leute sich engagieren! Die hat man heute richtig gespürt. Einfach toll!“, fasste eine Teilnehmerin ihre Eindrücke zusammen.

Kontakt:
Planerladen e.V.
Ali Şirin, Martin Eder
Tel: 0231- 8820700
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Hintergrund
Die Bürgerforen "Nord trifft Süd – Dortmund querbeet" sind eine Veranstaltungsreihe innerhalb des Projekts „Dortmund all inclusive“. Das Projekt hat zum Ziel, Menschen aus den unterschiedlichen Stadtteilen
zusammenzubringen, Anlässe zu Kontakt und Austausch zu schaffen, um die Solidarität und den Zusammenhalt innerhalb der Stadtgesellschaft zu fördern.
Mit freundlicher Unterstützung von MIA-DO Kommunales Integrationszentrum Dortmund und Nordwärts. Dortmund all inclusive ist ein Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik des Bundes und wird gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.