„20 Jahre danach“

Fotografien vom Ende der Flüssigphase der Westfalenhütte im Hoesch-Museum

Ralf Neuhaus zeigt im Hoesch-Museum, das im historischen Portierhaus der Westfalenhütte untergebracht ist, seine auf Cortenstahl aufgezogenen, verfremdungsfrei digitalisierten Analogfotografien zum Ende der Flüssigphase der Westfalenhütte.

Im Frühjahr 2001 ging in Dortmund eine 130-jährige Tradition zu Ende: die Flüssig- und Warmstahlproduktion. Warmbreitbandstraße, Sinteranlage und Hochofen 7 der Westfalenhütte sowie das Stahlwerk Phoenix in Hörde wurden stillgelegt. Bereits im Dezember 2000 hatte die Kokerei Kaiserstuhl nach nur acht Jahren Betriebszeit den letzten Koks gedrückt. Im Februar 2002 startete dann der Abbau der Produktionsanlagen für China.

Im letzten halben Jahr der Warmstahl-und Flüssigphase entstanden ein Teil der Fotografien von Ralf Neuhaus, die das Hoesch-Museum vom 6. Februar bis 27. März 2022 in der Ausstellung „20 Jahre danach“ zeigt.

Zu sehen sind mehr als 40 Fotografien unterschiedlicher Formate. Die Bilder zeigen das letzte halbe Betriebsjahr, die anschließende Demontage ausgewählter Anlagen für China sowie den Abrissprozess, der am 23. August 2014 mit der Sprengung des Kohlenturms der Kokerei endete.

Die Fotografien zeigen den Produktionsprozess von Stahlblechen. Von der Schmelze des Eisenerzes im Hochofen, über den Abstich des Stahls der zu etwa  20 Zentimetern dicken Brammen gegossen und zu 3-5 Millimeter dickem Stahlblech ausgewalzt wurde. Abschließend dann zu tonnenschweren Blechrollen,den sogenannten Coils, aufgespult. Diese noch recht dicken Bleche waren das Vorprodukt, aus dem dann in den nächsten Arbeitsschritten dünnere Bleche, größtenteils für die Autoindustrie gefertigt wurden.

Auf diesen Bildern lässt sich erahnen, welch schwere Arbeit die Menschen dort verrichten mussten. Sie waren ständig enormen Belastungen durch starke Hitze, ohrenbetäubendem Lärm, jede Menge Staub und üblen Gasen ausgesetzt. Zudem war es auch nicht ungefährlich dort zu arbeiten, denn wenn in der Walzstraße mal was schief lief und Tonnen von Stahlblech sich verselbständigten, war es besser, wenn man nicht gerade in der Nähe war. Der ein oder andere Arbeiter zog sich dabei schwere bis schwerste Verletzungen zu.

Neben Fotografien zeigt die Ausstellung verschiedene Fundsachen, die die chinesische Belegschaft nach Beendigung der Arbeiten auf der Westfalenhütte zurückgelassen hat, sowie Fotoausrüstung aus der Sammlung des Hoesch-Museums.

Ralf Neuhaus

Ralf Neuhaus (Jahrgang 1963) arbeitet als Maschinenbau-Ingenieur bei thyssenkrupp Steel Europe am Standort Dortmund. Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt sich der gebürtige Oberhausener im intensiven Selbststudium mit den verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten der Fotografie. Zu seinen bevorzugten Themen gehören Landschafts-, Detail- und Industriefotografie.

In den Jahren 2010 und 2014 war er bereits mit den Ausstellungen „Missing Steel“ und „StahlBeton“ im Hoesch-Museum vertreten. Die Fotografien entstehen in der Regel analog, die Ausarbeitung erfolgt entweder im eigenen Labor oder – wie hier – mittels verfremdungsfreier Digitalisierung und anschließendem Ausdruck.

Eröffnung

Die Ausstellung wird am 6. Februar eröffnet, jedoch ohne die angekündigten Redebeiträge, da nur max. 35 Personen gleichzeitig in das Museum dürfen. Ab 10 Uhr sind alle Gäste eingeladen, die Sonderausstellung anzuschauen. In der Ausstellung präsentieren der Musiker und Geräuschesammler Richard Ortmann und Autor Thorsten Trelenberg kurze Ton- und Textbeiträge. Vor dem Museum wird die Wartezeit mit Heißgetränken und einem Streikfeuer verkürzt. Der Fotograf wird ebenfalls anwesend sein. Es gelten die 2G-Regeln und die Pflicht eine FFP2-Maske zu tragen.

www.dortmund.de/hoeschmuseum
Öffnungszeiten: Dienstag/Mittwoch 13 - 17 Uhr
Donnerstag 9 - 17 Uhr, Sonntag 10 - 17 Uhr
Eintritt frei

 

Beitrag: Carsten Hansen

Bildrechte: Gaye Suse Kromer, Dortmund Agentur