Wirte, Brauer, Bierkutscher
Ausstellung über Bierlieferung und Schanktechnik im Brauerei-Museum
Von Bierlieferung und Schanktechnik im 19. Jahrhundert bis heute erzählt die neue Sonderausstellung „Wirte, Brauer, Bierkutscher“, die das Brauerei-Museum Dortmund vom 27. Juni bis zum 31. Dezember 2020 zeigt. Zu sehen sind teils sehr alte und seltene historische Aufnahmen und viele Objekte. Der Eintritt ist frei.
Ursprünglich brauten Wirte in Westfalen ihr Bier überwiegend selbst und schenkten es vor Ort aus. Brauer waren in aller Regel auch Wirte und im westfälischen Raum häufig zugleich Bäcker. Erst im Zuge von Industrialisierung und Urbanisierung trennten sich die Gewerbe: Gasthäuser produzierten nicht mehr selbst, sondern bezogen ihr Bier von den aufstrebenden Großbrauereien. Diese wiederum hatten ein großes Interesse, möglichst viele Wirte fest an sich zu binden. Einmal um ihren Absatz zu steigern, zum anderen ließ sich die Produktion gut vorausplanen.
Von der Pferdekutsche zum LKW
Damit entfaltete sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine moderne Infrastruktur der Bierlieferung. Anfangs holten sich die Wirte ihr Bier großenteils selbst von der Brauerei. Später übernahmen Bierverlage mehr und mehr die Lieferung. Sie bezogen Bier in größeren Mengen von den Brauereien und verkauften es weiter an Wirte, Veranstalter und Vereine sowie als Flaschenbier an private Haushalte und den entstehenden Einzelhandel.
Je größer die Brauereien wurden, desto stärker engagierten sie sich selbst im Bierlieferungsgeschäft. Man erwarb Bahnwaggons für den Ferntransport. Zur Belieferung der näheren Umgebung legte man sich zahlreiche Pferde und Wagen zu. Für ein halbes Jahrhundert gehörten nun die von kräftigen Kutschern gefahrenen Fassbierwagen zum Stadtbild. Noch vor dem Ersten Weltkrieg kamen die ersten motorisierten LKW im Biertransport zum Einsatz.
Von der Bierkanne zur Zapfsäule
Parallel dazu erlebten die Kühl- und Schanktechniken in den Gasstätten eine Revolution. Ursprünglich hatte der Wirt sein Bier aus einem in der Schankstube aufgebockten Fass gezapft. Üblich war auch, das Bier in Kannen aus dem Keller zu holen, wo die Fässer kühl lagerten. Nun ermöglichte die neue Technik das Zapfen mit beträchtlichem Abstand zum Fass, das im Keller verbleiben konnte. Es entstand die moderne Thekenanlage mit montierten Zapfsäulen. Zugleich verbesserten sich die Kühlverfahren.
Ende einer Epoche der Braugeschichte
In den 1950/60er Jahren erlebte die Verbindung von Brauerei und Gastwirtschaft ihre Hoch-Zeit. Die Brauereien bauten riesige Fuhrparks auf, mit einer Vielzahl von Lastkraftwagen und Mitarbeitenden. Die Gaststätten wurden von den Bierfahrern der Brauerei direkt beliefert. Schanktechniker kümmerten sich um die Reparatur, Reinigung und Wartung der Zapfanlagen.
Seit den 1980er Jahren schafften die Brauereien ihre Fuhrparks und damit die direkte Belieferung der Gastwirtschaften wieder ab. Damit endete eine Epoche der Braugeschichte. Heute fließt nur noch ein Fünftel der gesamten Bierproduktion durch die Zapfanlagen der Gastronomie.
Weitere Informationen unter: www.brauereimuseum.dortmund.de
"Bierpause Hansa", Foto von privatem Foto, Ende 1950er Jahre, (Foto: Brauerei-Museum)
"Flaschbierwagen vor 1900": photographische Anstalt Barop, um 1895
Gruppenbild (v.li.): Theo Sobkowiak (ehemaliger Elektriker und Schanktechniker der Bergmann-Brauerei), Dr. Heinrich Tappe (Leiter des Brauerei-Museums), Horst Duffe (ehemaliger Lkw-Fahrer der Dortmunder Actien-Brauerei) und Kalli Dickhut (hemaliger Bierfahrer und Betriebsrat der Stifts- und der Kronen-Brauerei) (Foto: Katrin Pinetzki, Stadt Dortmund)
Zweierbild: (v.li.): Kalli Dickhut, Horst Duffe. (Foto: Katrin Pinetzki, Stadt Dortmund)