Corona und Kultur

Ausfälle, Auswirkungen und Alternativen in Dortmund

Die Schließung von Kultureinrichtungen und das Corona-bedingte Veranstaltungsverbot ziehen viele Ausfälle, Verschiebungen und Veränderungen im Dortmunder Kulturkalender nach sich. Dennoch geht das Kulturleben der Stadt weiter. In den Einrichtungen wurde und wird intensiv an Konzepten für die Wiedereröffnung gearbeitet, aber auch an alternativen (digitalen) Formaten. Gleichzeitig sind die Kulturbetriebe der Stadt und das Kulturdezernat bestrebt, Kunstschaffende und Kulturvermittler in der Krise bestmöglich zu unterstützen.

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„Bund und Land haben schnell und unbürokratisch reagiert, u.a. mit einer Soforthilfe für freie Kulturschaffende“, sagt Kulturdezernent Jörg Stüdemann, „nun müssen die Hilfen weitergehen“. Stüdemann forderte eine Soforthilfe für Künstlerinnen und Künstler nach dem Vorbild des Landes Baden-Württemberg. Auch die freien Kulturzentren müssten nun mit einem Infrastrukturprogramm gesichert werden. Für die Phase der „Renormalisierung“ des Kulturbetriebs appellierte Stüdemann, schon jetzt mögliche Exit-Strategien gemeinsam mit den Experten im Kulturbereich zu entwickeln und ihnen damit ausreichend Vorlauf zu gewähren.

Theater Dortmund
Es sei „dringend geboten, einen realistischen und zügigen Zeitplan zur Wiederaufnahme des Vorstellungsbetriebes zu erarbeiten und seitens der politischen Entscheidungsträger in einen fruchtvollen Dialog mit den Kulturschaffenden zu treten“, sagt Tobias Ehinger, Geschäftsführender Direktor des Theaters Dortmund. Die aktuelle Krise bedrohe nicht nur die Gesundheit, sondern auch elementare Errungenschaften unserer Gesellschaft.

Das Theater Dortmund erkennt die hohe gesellschaftliche Verantwortung, die die Theater als Ort sozialer Begegnungen für die Pandemie-Eindämmung haben, ausdrücklich an. Ebenso akzeptiert das Theater Dortmund den grundsätzlichen Vorrang medizinisch gebotener Notwendigkeiten vor wirtschaftlichen und künstlerischen Überlegungen. „Zur Überwindung der Krise halten wir gleichzeitig einen schrittweisen Vorstellungsbetrieb ab dem 1. September 2020 für dringend geboten. Die Theater sind in der Lage, Stückauswahl, Inszenierungen und das Besuchermanagement so anzupassen, dass diese den medizinischen und hygienischen Vorgaben entsprechen“, so Ehinger.

Gerade in Krisenzeiten müssten auch die nichtwirtschaftlichen Aspekte des gesellschaftlichen Lebens ihren verdienten und notwendigen
Stellenwert erhalten. „Die Geschichte der Krisen zeigt, dass gerade Kunst und Kultur einer Gesellschaft Kraft und Trost spenden und Zusammengehörigkeit sowie Identität stiften. Mit Kunst werden wir das Virus nicht eindämmen. Aber mit Kunst werden wir die seelischen Verletzungen und Nöte der Menschen lindern können“, so Ehinger.

Konzerthaus
Auch Konzerthaus-Intendant Dr. Raphael von Hoensbroech fordert, dass Konzerte, sobald es vertretbar ist, wieder stattfinden können. „Wir beschäftigen uns mit allen möglichen Szenarien, um bei Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Konzerthaus größtmögliche Sicherheit für Publikum, Künstler und Mitarbeiter zu gewährleisten“, sagt er. Oft höre man, dass die Kultur einen Platz am Tisch von Politik und Wirtschaft haben sollte. „Um mit dem berühmten Cellisten Yo-Yo Ma zu sprechen: Ich bin der Überzeugung, dass Kultur der Tisch ist, an dem Politik und Wirtschaft verhandelt werden. In diesem Sinne ist Kultur absolut systemrelevant, das darf in dieser Krise nicht verspielt werden“, so von Hoensbroech.

Dortmunder Museen / Ausstellungen
Die Museen bereiten sich auf die Wiedereröffnung mit Zugangsbeschränkungen und Wegeführungen vor – die Entscheidung über den Zeitpunkt der Wiedereröffnung liege allerdings beim Land NRW, sagte Dr. Stefan Mühlhofer, geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund.

Die für den 7. Juni geplante große Eröffnung des Naturmuseums fällt aus – das Museum an der Münsterstraße eröffnet nach dem umfangreichen Umbau mit seiner neuen Dauerausstellung voraussichtlich im September. Das Dortmunder U kann die ab 14. August geplante Ausstellung „Studio 54“ in diesem Jahr nicht mehr zeigen: Die Schau über den legendären Nachtclub soll am derzeitigen Ausstellungsort, dem Brooklyn Museum in New York, aufgrund der Schließung der Museen länger laufen als geplant. Das Festival „Sommer am U“ sowie das Programm zum zehnten Geburtstag des U mit dem „Kleinen Freitag“ laufen (wieder) ab Mitte Juli – möglicherweise unter angepassten Bedingungen oder in digitaler Form. Die geplante Geburtstagsparty am 7. Juni entfällt.

Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte verlängert seine Familienausstellung „Robin Hood“, die eigentlich bis Mitte April geplant war, bis 20. September. Das Kindermuseum Adlerturm kann leider nicht öffnen, so lange die Abstandsregelungen gelten, ebenso die Bibliothek des deutschen Kochbuchmuseums, die aber weiterhin für Anfragen zur Verfügung steht. Das Hoesch-Museum beteiligt sich an den Vorbereitungen zur Wiedereröffnung – die Entscheidung darüber trifft jedoch der Trägerverein der Freunde des Hoesch-Museums.

Kulturbüro
Das Kulturbüro bietet derzeit viele Beratungen und Informationen für freie Kunstschaffende und arbeitet an Unterstützungsformaten für diese Zielgruppe. Darüber hinaus fördert das Kulturbüro auch in der Krise weiter: Förderungen, die bereits bewilligt sind, werden nicht grundsätzlich zurückgefordert, auch wenn sie ausgefallen sind oder abgesagt wurden. Detaillierte Infos gibt es unter kulturbuero.dortmund.de

Das Micro!Festival, das traditionell am letzten Wochenende der Sommerferien stattfindet, fällt in diesem Jahr aus, ebenso wie das -Schul- und Jugendtheaterfestival Wechselspiel.

VHS
Beruflich relevante Weiterbildungen werden zeitnah nachgeholt. Die Volkschulen haben für die Schulabschlusslehrgänge einen Antrag beim zuständigen Ministerium gestellt, dass der Unterricht für die Prüfungslehrgänge wieder aufgenommen werden kann.

Dietrich-Keuning-Haus
Im Programm des Keuning-Hauses fallen ersatzlos aus: die Flash-Dance-Week im April mit mehr als 150 jungen Tänzerinnen und Tänzern aus ganz Deutschland, das gemeinsame Fastenbrechen am 29. April sowie das Internationale Tanzfestival „TanzFolk“ am 16. Mai. Der geplante „Talk im DKH“ mit Michel Friedman zum NSU-Jahrestag wird Anfang Juni online stattfinden.

Alternative Formate in den Kulturbetrieben
Soweit möglich, haben alle Einrichtungen ihre Angebote ins Digitale verlagert und sind mit ihren Zielgruppen online in Kontakt geblieben. „Alle Einrichtungen der Kulturbetriebe haben in Sachen Digitalität einen großen Sprung gemacht“, sagt Dr. Stefan Mühlhofer. Einige Beispiele:

  • Sprachkurse an der VHS finden online statt, auch die Integrationskurse und die berufliche Deutschförderung laufen online. Vorträge werden teilweise als Webinare abgehalten.
    Der Unterricht an der Musikschule findet online statt.
  • Auf dem Youtube-Kanal der UZWEI geben die Workshop-Leiter ausgefallener Kurse Online-Tutorials.
    Das Kindermuseum Adlerturm hat einen Instagram-Kanal gestartet, das Museum Ostwall, MKK und der Comic-Schauraum haben für Social Media mehrere Videos mit Kurzführungen produziert.
  • Das Keuning-Haus sendet zweimal wöchentlich auf seinen Youtube-Kanal ein Online-Kulturprogramm.
    Die städtische Galerie Torhaus Rombergpark verwandelt sich derzeit in eine virtuelle Galerie.