Hochschule vor Ort in der Dortmunder Nordstadt

Studenten der FH Dortmund präsentieren ihre kreativen Projekte
Dortmund, 04. Dezember 2014. Nach dem Empfang in der Nordstadtgalerie (Bornstraße 142) führt Willi Otremba, Vertretungsprofessor Fachbereich Design der FH Dortmund, durch die kreativen Arbeiten des Nordstadtprojekts.

BegrüßungBegrüßung und einleitende Worte durch Willi Otremba

Als Zentrum der kulturellen Vielfalt in Dortmund bietet die Nordstadt ein großes Potenzial für kreative und soziale Angebote. Das Projekt "Hochschule vor Ort in der Dortmunder Nordstadt" ist das Ergebnis eines bundesweiten Wettbewerbs und soll das Bewusstsein für gesellschaftliches Engagement und Mitverantwortlichkeit steigern. Ziele des Projektes sind, mehr Nachwuchs in die Hochschule und mehr Hochschule in die Nordstadt zu bringen. Durch die Präsenz der Studierenden vor Ort und deren unterschiedlichen kreativen Aktivitäten, wird zur Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität beigetragen.

 Bei einem Rundgang durch vier Stationen präsentieren die Studierenden ihre Projekte und deren Ergebnisse. Die teilnehmenden Studenten können - in einem eigenen Ladenlokal in der Dortmunder Nordstadt - ihre kreativen Konzepte eigenverantwortlich umzusetzen. Einen Teil der Kosten für Miete und Materialien tragen sie dabei selbst. Zu den Projektstandorten gehört das Atelier KollektivNord mit diversen Kunstsessions für die Nordstadtbewohner, der Raum für Szenografie/Fotografie/Gestaltung mit persönlichen Interviews und Bildern der Romafrauen sowie der performativen Installation „Turbulente Strömung“, die Siebdruckerei WATWAH mit handwerklichen Siebdruck-Workshops und das Studio Less Plus mit dem Bestreben, Baulücken durch begehbare Kunstinstallationen zu schließen. Die Projekte sind auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, sie tragen aber alle auf künstlerische Weise dazu bei, die Lebensqualität in der Nordstadt zu steigern und den Austausch der Bewohner zu fördern.    

Nach den vielen Eindrücken treffen sich die Teilnehmer des Rundgangs sowie die Studenten und Verantwortlichen der FH Dortmund wieder in der Nordstadtgalerie,um sich auszutauschen. Anschließend wird der Raum zum Programmkino, bei einer Vorführung des Films „früher war ich in nyc“ von Anja Plonka und Carsten Pütz. In dem Film spielen Kinder aus der Nordstadt Personen, die sie im öffentlichen Raum beobachtet haben. Dazu gehören Drogensüchtige, Obdachlose, Polizisten, aufgestylte Tussis, Männer im Anzug, eine alte Dame usw. Aus diesen Rollen ließen die Kinder ein spontanes und freies Spiel entstehen, das typische Szenen in der Dortmunder Nordstadt nachstellt. Dabei bewegen sich die Kinder zwischen wirklichkeitsnaher Darstellung und fantasievollem Kinderspiel. Sie reflektieren Themen wie gesellschaftliche Konventionen von Mann und Frau, Nationalität, Religion, Beruf und Status. Das Spiel findet auf den öffentlichen Straßen im Viertel statt, wodurch die Nordstadtbewohner zu spontanen Statisten werden. Die Szenen zeigen die Erlebnisse, Ängste und Veränderungswünsche der Kinder aus der Nordstadt. Durch die spielerische, überspitzte Interpretation bringt der Film das Publikum trotz der ernsten Inhalte regelmäßig zum Lachen und konfrontiert sie mit ihren eigenen Vorurteilen über die Nordstadt.    

Die Projekte der FH Studenten in der Dortmunder Nordstadt

Atelier KollektivNord in der Missundestraße

fh vorOrt 03Kollektiv Nord

Das KollektivNord ist ein Atelier und Projektraum, in dem unterschiedliche Künstler durch ihre Projekte und Kunstaktionen mit den Bewohnern der Nordstadt zusammenarbeiten. Die konzipierten Aktionen geben dem Stadtteil neue Impulse und fördern Kommunikation und Austausch der Bewohner. Die Bewohner/innen der Nordstadt können durch die Teilnahme an den Aktionen selbst aktiv gestalten. Auf diese Weise wurden in den vergangenen zwei Jahren bereits zahlreiche Projekte, an der Schnittstelle von Kunst und Sozialem, umgesetzt. Für das Team um Anja Plonka, Carsten Pütz, Janina Trienekens und Steffen Meister ist es ein Lernprozess und auch eine persönliche Herausforderung. Die Veranstaltungsreihe „Herbe Kunst“ hat bei mehreren Sessions die Freude am freien Produzieren, an der Kunst und am Ausprobieren vermittelt. Viele Romakinder haben zum ersten Mal einen Pinsel oder formbaren Ton in der Hand. Von manchen Eltern wurde das Angebot des KollektivNord aber auch als kostenlose Kinderbetreuung ausgenutzt. Bei der Aktion „Kissendinner“ sind zeitweise über dreißig Romakinder und Eltern in dem kleinen Atelier künstlerisch tätig. Diese Situation bringt das Team zwar an Grenzen, sorgt aber auch dafür, sich eigenen Vorurteilen und Ängsten zu stellen. Darum geht es bei der Vernetzungsarbeit in der Nordstadt, das Überwinden von Grenzen.

fh vorOrt 04Bilder des Workshops des Kollektiv Nord

Raum für Szenografie / Fotografie / Gestaltung in der Bornstraße

Seit einigen Jahren wohnen vermehrt Familien der Roma in der Dortmunder Nordstadt. Das Foto- und Interviewprojekt der Fotodesignerinnen Tabea Hahn und Anna Merten richtet seinen Blick auf die Frauen der Roma. Mit ihrer farbenfrohen, traditionellen Kleidung prägen sie das Bild der Nordstadt mit. Wie diese Frauen ihre Kultur in Deutschland leben und welche Zwiespälte sich daraus ergeben, dokumentiert das Projekt mit persönlichen Interviews und Bildern der Romafrauen. Die Studentinnen möchten damit das Positive zeigen und zwischen den Kulturen vermitteln, um somit Vorurteile abzubauen.

fh vorOrt 05Romafrauen in der Nordstadt

Mit der performativen Installation „Turbulente Strömung“ machen Annette Bohn und Anneke Dunkhase ein natürliches Phänomen sichtbar, das im Innenhof eines Dortmunder Hochhauses bei starkem Wind entsteht. Sie inszenieren an dieser Stelle kegelförmige Objekte, die sich im Luftstrom wie in einer Choreografie bewegen. Der triste, unauffällige Ort wird dadurch zu einer Bühne.

Siebdruckerei WATWAH in der Brunnenstraße

fh vorOrt 07Siebdruckerei WATWAH

Das WATWAH ist eine kleine analoge Siebdruckwerkstatt. Die Designstudentinnen haben sich das Druckhandwerk autodidaktisch beigebracht. Belichtet wird mit einer improvisierten Belichtungsanlage, die aus einem Baustrahler besteht. Hier ist Drucken noch richtiges Handwerk. Bei Siebdruck-Workshops können die Teilnehmer ihr eigenes Motiv gestalten und anschließend mit Farbe und Rakel selber auf den Bedruckstoff übertragen. Das Besondere am Siebdruckverfahren ist ein satter, flächiger Farbauftrag, zudem ist es problemlos möglich, Sonderfarben wie Gold oder Neongrün zu verwenden. Das Team der Siebdruckerei fertigt im Auftrag kleine Auflagen, wie zum Beispiel Band T-Shirts.

fh vorOrt 08Ein WATWAH-Siebdruck

Studio Less Plus in der Haydnstraße

Das Projekt „Funktionslos“ der Studenten Sebastian Piel, Felix Feldmann und Philipp Kutschker beschäftigt sich mit den in der Nordstadt häufig zu findenden Baulücken. Diese Zwischenräume und Brachlandschaften ohne Funktion lassen den Stadtteil kahl und unvollkommen wirken. Durch das erarbeitete Konzept der Studenten werden diese Baulücken durch begehbare Installationen und Raumskulpturen für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ziele sind, nachhaltig zur Verbesserung anzuregen und die Aufmerksamkeit möglicher Investoren zu erhalten.

fh vorOrt 10FUNKTIONSLOS - gesammelte Aussagen

Gefördert werden die Studenten im Rahmen des Projektes „Hochschule vor Ort“ der Fachhochschule Dortmund durch die Stiftung Mercator, den Stifterverband der Deutschen Wissenschaft sowie der Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund und der Sparkasse Dortmund. Unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters der Stadt Dortmund.

Nicole Winkelkötter, Fotos. Christian Aue